
Aloha! đ¶ Kennst du Priming? Mit Priming bezeichnet man, dass vorangegangene Reize das aktuelle Denken und Handeln beeinflussen können. Beispiel: Wenn man bei MatheAufgaben ordentlich schreibt, dann macht man weniger Fehler. Damit meine ich nicht, dass man sein Gekritzel nicht mehr lesen kann đ das gibt es auch, ist aber ein anderes Thema. Es geht mir um etwas Fundamentaleres: das Lösen von Gleichungssystemen beispielsweise ist eine Aufgabe, bei der man eine Zeit lang sehr ordentlich und konsistent arbeiten muss. Denn alles was man in einer Zeile verzockt hat, ĂŒbertrĂ€gt sich auf die folgenden und am Ende kommt nichts gescheites heraus. Wenn man wĂ€hrend der Arbeit bewusst ordentlich schreibt, dann konditioniert man sich auf Ordnung und Konsistenz. Dieser resultierende innere Zustand ĂŒbertrĂ€gt sich auf die Denkprozesse im Gehirn und man macht weniger Fehler und erzielt bessere Ergebnisse.


Das ist einer der Anwendungen von Priming. Die gut willentlich beeinflussbare Handlung des ordentlichen Schreibens âprimetâ erfolgreich das viel schwerer zu kontrollierende eigene Denken. Ein wundervoller Effekt.


Der NobelpreistrĂ€ger Daniel Kahneman erklĂ€rt das in seinem Buch âThinking, Fast and Slowâ systematisch. GrundsĂ€tzlich geht es in âSchnelles Denken, langsames Denkenâ, so der deutsche Titel, um die zwei Denk-Systeme, mit deinen unser Gehirn funktioniert. System 1 funktioniert automatisch, schnell, intuitiv und erfordert wenig Energie. System 2 kam viel spĂ€ter in der Evolution, operiert auf einer bewussten Ebene, ist langsam und braucht viel Energie. Wir können den ganzen Tag in System 1 verbringen, aber System 2 ist anstrengend. FĂŒr komplizierte kognitive Aufgaben brauchen wir aber System 2. Aufgaben wie das Lösen von Gleichungssysteme. Oder das Erlernen neuer musikalischer Techniken und Inhalte.

Viele gute Musiker verwenden Priming, um effektiver zu ĂŒben und besser zu spielen â auch wenn sie den Begriff âPrimingâ dabei vielleicht nicht verwenden. Aber die hĂ€ufig anzutreffenden Rituale spielen eine verwandte Rolle. Das rituelle Stimmen des Instruments, das Spielen von Skalen, FingerĂŒbungen und Warm-Ups haben handfeste technische und physische GrĂŒnde. Aber sie lösen zusĂ€tzlich den wĂŒnschenswerten Priming-Effekt aus. Die Rituale âprimenâ das Gehirn auf die bevorstehende Aufgabe und helfen, in den Musik-Modus zu wechseln. Diese Routine lenkt die Aufmerksamkeit auf das Musizieren und wirkt fokussierend, was die anschlieĂende Ăbungsphase oder Bandprobe oft produktiver und effektiver macht. Eine saubere Artikulation, worauf man bei der nĂ€chsten Ăbungsrunde achten möchte zahlt ebenso darauf ein, wie ordentliches Notenmaterial oder gut strukturierte Leadsheets.

In frĂŒheren Posts habe ich einmal geschrieben, man solle in einer Bandprobe âso wenig wie möglich machenâ. Der Hintergrund: Alle persönlichen Aufgaben, wie das Erlernen der eigenen Parts oder Spieltechniken, sollten auĂerhalb der gemeinsamen Zeit der Bandprobe erledigt werden. Ein gemeinsames Ritual jedoch ist kein Kandidat, um weggelassen zu werden! Die Zeit, uns als Band in den âBandproben-Modusâ zu versetzen â die KohĂ€renz und den gemeinsamen Flow zu aktivieren â sollte man sich gönnen. Besonders wir Amateure, bei denen dieser Zustand nicht auf Knopfdruck abrufbar ist, profitieren enorm davon, bewusst Zeit in erfolgreiches Priming zu investieren. FĂŒr Konzerte und Gigs gilt das sogar noch mehr: Je besser wir im richtigen mentalen Zustand sind, desto besser gelingt uns unsere Aufgabe: to serve the groove!
Schreib mir in den Kommentaren oder per Nachricht, welcher Engpass deine Band im Zusammenspiel herausfordert. Dann finden wir ein passendes Priming-Ritual!